Foto: Ampezzan/IHK
KI-Potenziale heben: „Mehr Vertrauen in die unternehmerische Verantwortung“
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bietet für nahezu alle Unternehmen erhebliche Potenziale zur Verbesserung von Daten, Prozessen und Produkten. Das gilt unabhängig von Größe und Branche für Produktion und Dienstleistung gleichermaßen. Aber wie gelingt der Einstieg und welche Rahmenbedingungen sind gesetzt? Eine IHK-Veranstaltung lieferte Antworten.
„Warten Sie nicht auf das große und ausgefeilte Konzept, sondern fangen Sie einfach an und sammeln Sie Erfahrungen“. Der Appell des Praktikers Thorsten Matalla (Trilux Digital) an das rund 150-köpfige Auditorium im Saal des IHK-Bildungsinstitutes war so etwas wie das Fazit der Veranstaltung. Und die nachfolgende Diskussion beim Networking mit den Unternehmensvertretern lässt vermuten, dass genau das nun in vielen Unternehmen beherzigt wird. Digital-Experte Matalla und sein Pendant Andreas Koch (Egger Holzwerkstoffe Brilon), zeigten anhand praktischer Beispiele, wie das gehen kann.
Zuvor hatte Dirk Binding, DIHK-Bereichsleiter Digitale Wirtschaft, die von der EU in der DigitalAct-Verordnung definierten Rahmenbedingungen mit klaren und europaweit einheitlichen Anforderungen an KI-Entwickler und KI-Anwender erklärt. Sie gelten seit dem 1. August 2024 europaweit. Die meisten KI-Systeme mit definiertem minimalem Risiko (Spam-Filter, Recherche-Tools) unterlägen kaum Restriktionen. Chatbots und KI-erzeugte Inhalte müssten als solche gekennzeichnet werden. Als hochriskant eingestufte KI-Systeme (z. B. KI-basierte medizinische Software) unterliegen strengen Anforderungen an Risikominderungssysteme, hochwertige Datensätze, klare Informationen für die Nutzerinnen und Nutzer und menschliche Aufsicht.
„Diese Verordnung gilt unmittelbar und wir dürfen in Deutschland jetzt nicht in den üblichen Reflex verfallen und Gold Plating betreiben, also die Anforderungen national noch höher zu schrauben“, plädierte MdB Friedrich Merz. Er verwies auf die grundsätzlich divergierende Rechtssystematik mit einer in der EU präventiven und einer auf Haftung aufsetzenden Gesetzgebung den USA.
Wichtig sei ein effektiver Schutz vor Cyberangriffen jeglicher Form, der neben der Südwestfalen IT zuletzt ja bekanntlich auch die CDU Deutschland ausgesetzt gewesen sei. Der CDU-Bundesvorsitzende sprach sich zudem gegen Kleinstaaterei in der öffentlichen Verwaltung gerade der Länder aus. Mit der Zentralisierung aller IT-Prozesse beim OLG Köln sei die NRW-Justizverwaltung ein gutes Beispiel. An die Unternehmerschaft appellierte der Politiker: „Machen Sie KI zur Chefsache. Das Thema kann nicht allein der IT- oder der Entwicklungsabteilung vorbehalten bleiben“. Schließlich könne es alle Prozesse im Unternehmen betreffen.
Die DIHK sieht die notwendige Dynamik im Umgang mit dem sich stetig weiter entwickelten Instrument KI durch zu starke Regularien gefährdet. „Unternehmen brauchen Vertrauen“, appellierte Dirk Binding an Friedrich Merz stellvertretend für die Bundespolitik, sich mit Regularien auf ein Mindestmaß zu beschränken. Zudem gelte es Fachkräfteeinwanderung gerade für KI-Anwendungen zu erleichtern. Binding: „Sonst geraten wir im internationalen Wettbewerb schon durch den Personalengpass ins Hintertreffen“. Merz griff den Ball auf und sieht bei den dazu notwendigen Verfahren Ansatzpunkte für die KI: „In den deutschen Konsulaten gibt es einen Antragsstau von jährlich ca. 40.000 Anträgen für Arbeitsvisa. Mittels KI könnten diese Anträge bei gleichem Personalbestand deutlich schneller und vermutlich auch qualitativ besser bearbeitet werden“.
Im Vor- und Nachgang der Vorträge konnten die Teilnehmer an verschiedenen Ständen im „Markt der Möglichkeiten“ eine Reihe an praktischen Lösungen direkt erleben und sich über Angebote rund um Künstliche Intelligenz informieren. Als Aussteller waren dabei: Digitalise_SWF (KI-basierte Prozessoptimierung und -überwachung), EVOspark (KI-gestützte Fehlersuche), P-CATION (KI ERP-Programm), KI.NRW (kostenlose In-House KI Beratung für KMU) und die KI-Scouts (IHK) (Zertifikatsprogramm zur Qualifizierung von Auszubildenen/Berufseinsteigern).